Philanthropie fürs Klima: wie Stiftungen Verantwortung übernehmen

Stiftungen gelten als werteorientiert und verantwortungsbewusst – dass sie nachhaltig arbeiten, scheint also selbstverständlich. Doch ganz so einfach ist es nicht. Abseits ihres eigentlichen Stiftungszweckes fällt es vielen Organisationen schwer, nachhaltig zu handeln, etwa indem sie den Schutz des Klimas fördern. Mehr als 800 Stiftungen haben sich deshalb der Initiative #PhilanthropyForClimate angeschlossen, entweder durch eine eigene Verpflichtung auf nationaler Ebene oder über das International Philanthropy Commitment on Climate Change. Drei Stiftungen aus Irland, Italien und Deutschland berichten beim Roundtable von AufRuhr, warum dieser Schritt nötig war, mit welchen Hürden sie umgehen müssen und wie sich Klimaschutz effektiv in der Stiftungsarbeit umsetzen lässt.
Das International Philanthropy Commitment on Climate Change ist eine Selbstverpflichtung von Stiftungen für den Klimaschutz, das von den philanthropischen Netzwerkorganisationen Philea und WINGS initiiert wurde. Stiftungen aus 21 Ländern weltweit haben bereits unterschrieben. Darunter die Community Foundation Ireland, die sich gemeinsam mit 5.000 kommunalen Partnern für Gleichberechtigung einsetzt. Oder die italienische Chiesi Foundation, die ihren Fokus auf Mütter- und Säuglingsgesundheit in Ländern des Globalen Südens gelegt hat. Oder auch die Stiftung Mercator, die sich für internationale Zusammenarbeit, gesellschaftliche Teilhabe, Digitalisierung und Klimaschutz engagiert. Beim AufRuhr-Roundtable im April 2025 berichteten die Stiftungsmitarbeiterinnen Melanie Steinhardt, Federica Cassera und Charlotte Ruhbaum, wie sie mit unterschiedlichen Ansätzen und Herausforderungen auf das Ziel hinarbeiten, klimafreundlicher zu werden.
Drei Länder, drei Wege – und ein gemeinsames Ziel
„Wir haben erkannt, dass der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit darstellt“, erklärt Federica Cassera von der Chiesi Foundation. Maßnahmen in Sachen Klimaschutz seien jedoch komplizierter umzusetzen, als viele vermuten würden. „Für unsere Partner in Afrika – Krankenhäuser für die Mütter- und Neugeborenenversorgung – hat Klimaschutz aktuell nicht die höchste Priorität. Für sie steht das Retten von Leben an erster Stelle.“ In einem Land wie Burkina Faso sei es herausfordernd, neben dem Tagesgeschäft nachhaltige Praktiken zu etablieren, so die Expertin. „Es ist schwer genug, die Säuglingssterblichkeit in einem Land zu reduzieren, in dem anhaltende bewaffnete Aufstände und Unsicherheit herrschen. Viele Krankenhäuser bewerben sich deshalb nicht auf Förderungen, die hauptsächlich auf Klimaschutz ausgerichtet sind.“

Melanie Steinhardt ist als Seniormanagerin für Zuschüsse und die Betreuung von Spender*innen bei der Community Foundation Ireland tätig. Die Stiftung versteht sich als Brückenbauerin zwischen Spender*innen und gemeinnützigen Initiativen und fördert viele Projekte, unter anderem in den Bereichen soziale Gerechtigkeit, Bildung und Nachhaltigkeit. Steinhardt spielt eine Schlüsselrolle bei Förderentscheidungen und Spender*innenbeziehungen. Sie vernetzt sich mit Kolleg*innen, um den internen Transformationsprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben, und setzt sich für die Verankerung des Klimaschutzes als Querschnittsthema in der irischen Philanthropie ein.
Viele Krankenhäuser bewerben sich nicht auf Förderungen für Klimaschutz, wenn bewaffnete Aufstände und Unsicherheit herrschen.
Trotz aller Unterschiede seien die Herausforderungen in Irland ähnlich, erklärt Melanie Steinhardt von der Community Foundation Ireland. Klimaschutz habe aktuell noch nicht den gewünschten Stellenwert. „Trotz des wirtschaftlichen Erfolges des Landes bleiben die sozialen Unterschiede in vielen irischen Gemeinden bestehen“, erklärt Steinhardt. Um zu verdeutlichen, dass viele Probleme mit Nachhaltigkeit zusammenhängen, hat ihre Stiftung 2023 begonnen, die internen Nachhaltigkeitsstandards zu überprüfen. Seitdem vergibt sie Fördermittel für Klima und Nachhaltigkeit verstärkt, wenn diese mit Themen wie soziale Ungleichheit, Wohnraum, Bildung oder Pflege verknüpft sind.
Die Stiftung Mercator berechnet seit über 15 Jahren ihren CO2-Fußabdruck, kompensiert unvermeidbare Emissionen und hat seit 2008 einen eigenen Förderbereich für Klimaschutz, mit dem sie Klimaneutralität als Querschnittsaufgabe und gesamtgesellschaftliche Herausforderung angeht. „Wir arbeiten daran, dass wirtschaftliche Prosperität und soziale Gerechtigkeit von der Gesellschaft nicht mehr als Gegensätze wahrgenommen werden“, führt Charlotte Ruhbaum aus. „Sie gehören zusammen.“

Federica Cassera ist Program Development Officer bei der Chiesi Foundation, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Italien. Die Stiftung engagiert sich für die Verbesserung der Mütter- und Säuglingsgesundheit sowie für die Versorgung von Patient*innen mit chronischen Atemwegserkrankungen im Globalen Süden. Cassera koordiniert Partnerschaften der Stiftung mit lokalen und internationalen Akteuren und setzt sich für eine Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe ein.

Zwischen guten Absichten und großen Herausforderungen
Doch wie schafft es der Klimaschutz in die tägliche Praxis von Stiftungsprojekten? In „Babyschritten“, wie Cassera an einem Beispiel verdeutlicht: Bei einem Treffen im ostafrikanischen Burundi wurden Namensschilder und Schlüsselbänder aus Plastik durch umweltfreundliche Alternativen ersetzt. „Diese kleinen Veränderungen sind entscheidend, um ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen, auch wenn sie nicht die dringendsten Probleme lösen“, so die Italienerin. Auch Ansätze wie die Kangaroo Mother Care, bei der Mütter und ihre Neugeborenen möglichst viel Hautkontakt haben, werden von der Stiftung ins Gesundheitssystem implementiert. Ein solcher Ansatz verbessert nicht nur die Gesundheitsergebnisse, sondern verringert auch die Abhängigkeit von energieintensiven Technologien, die für die stationäre Versorgung von kranken Müttern und Kindern notwendig wäre. Darüber hinaus ist es der Chiesi Foundation ein Anliegen, das Thema Nachhaltigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit zu dekolonialisieren. „Jahrzehntelang haben wir afrikanischen Partnerländern Lösungen übergestülpt. Heute lassen wir uns von unseren Partnern vor Ort zeigen, welche Klimaschutzansätze sinnvoll sind. Nur so kann die internationale Zusammenarbeit nachhaltig funktionieren.“

Charlotte Ruhbaum ist seit 2015 Projektmanagerin im Bereich Klimaschutz bei der Stiftung Mercator. Zuvor war sie als Policy Officer für Energieeffizienz in Berlin und Brüssel tätig. Die Politikwissenschaftlerin hat an der Freien Universität Berlin Umweltmanagement studiert und bringt ihre Expertise in die strategische Förderung von Klimaschutzprojekten ein. Bei der Stiftung Mercator arbeitet sie daran, soziale und ökologische Ziele miteinander zu verbinden und die Rolle von Stiftungen im Klimaschutz zu stärken.
Jahrzehntelang haben wir afrikanischen Partnerländern Lösungen übergestülpt. Heute lassen wir uns von unseren Partnern vor Ort zeigen, welche Klimaschutzansätze sinnvoll sind.
Auch die Community Foundation Ireland hält wenig vom erhobenen Zeigefinger. „Klimaschutz muss Teil der Lösung für Alltagsprobleme sein – ob bei der Wohnungsnot oder beim Pflegekräftemangel“, betont Melanie Steinhardt. In Dublin fördert die Stiftung das erste Klimakooperationsprojekt der Stadt, das einkommensschwache Viertel mit Solarpanelen versorgt. Die Communitys vor Ort setzen die Maßnahmen gemeinschaftlich um und profitieren von günstigeren Energiepreisen und wärmeren Häusern. Das Unternehmen, das die Solaranlagen installiert, schafft zudem Arbeitsplätze für die Bewohner*innen.
Charlotte Ruhbaum bricht derweil eine Lanze für mehr Dialog zwischen Stiftungen. „Ein nationales Commitment, wie es z.B. in Frankreich oder Italien existiert, schafft Möglichkeiten, sich im nationalen Kontext zur Umsetzung auszutauschen“, weiß Ruhbaum. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass so mehr Stiftungen überzeugt werden können, sich der Initiative anzuschließen, so die Expertin.

Ab jetzt zählt das Handeln
Das Roundtable-Gespräch zeigt, was alle drei Stiftungen eint: Sie wollen Klimaschutz als Voraussetzung für die Zukunft ihres Engagements begreifen und nicht als freiwillige Zusatzaufgabe. Dabei zeigt sich, dass klimabewusstes Handeln nicht immer einfach ist – gerade wenn Ressourcen fehlen oder Partner andere Prioritäten setzen. „Die Idee ist nicht, mehr Klimastiftungen zu gründen, sondern Klimaschutz in die Arbeit von Stiftungen zu integrieren“, betont Charlotte Ruhbaum. „Das Commitment ist hierfür ein Anfang. Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt.“
Der erste Zwischenbericht von Philea und WINGS zum International Philanthropy Commitment on Climate Change ist kürzlich erschienen und hier verfügbar.
Philea
Philea – die Philanthropy Europe Association – ist der europäische Dachverband für Stiftungen und philanthropische Organisationen mit Sitz in Brüssel. Philea vereint über 7.500 gemeinnützige Stiftungen, die sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen und Gemeinschaften in Europa und auf der ganzen Welt einsetzen. Die Arbeit von Philea spiegelt dabei die Prioritäten seiner Mitglieder wider und umfasst die drei übergreifenden Themen Demokratie, Klimaschutz und Gleichstellung.