Von Peking bis Berlin: Sandra Schulze über die Kraft guter Kontakte

Von Peking bis Berlin: Sandra Schulze über die Kraft guter Kontakte
Autor: Philipp Nagels 10.03.2025

Als Kind spielte Sandra Schulze im Hof der DDR-Botschaft in Peking – heute leitet sie das Bildungsnetzwerk China in Berlin. Ihre Karriere wurde durch starke Netzwerke geprägt. Programme wie die Zukunftsbrücke – Chinese-German Young Professional Campus oder Mercatora öffneten ihr Türen, gaben ihr neue Perspektiven – und vor allem einen klaren Auftrag für die Zukunft.

Frau Schulze, seit 2024 sind Sie Geschäfts­führerin des Bildungs­netz­werkes China. Erinnern Sie sich an Ihre ersten Berührungs­punkte mit dem Land?

Nein, denn da war ich erst ein halbes Jahr alt (lacht). China war meine Heimat für den ersten Teil meiner Kindheit. Meine Eltern haben damals in der DDR-Botschaft in Peking gearbeitet. Erst als ich neun war, sind wir wieder nach Berlin gezogen. Später war ich während meines Wirtschafts­studiums für ein Praktikum in Shanghai und mit dem Graduierten­programm des DAAD „Sprache und Praxis in China“ noch mal für andert­halb Jahre in Peking.

Keine gewöhnliche Biografie. Inwieweit hatten Ihre Kindheit und die Aufenthalte in China Einfluss auf Ihre persönliche und berufliche Entwicklung?

Nach meinem Studium in Berlin und Cambridge habe ich bei der Berliner Wirtschafts­förderung als Ansprech­partnerin für China begonnen. Darüber hinaus habe ich aus meiner Zeit in China mit­genommen, dass wir uns mehr mit diesem Land aus­einander­setzen müssen, als nur lecker chinesisch essen zu gehen. Wenn ich in Deutschland von China erzählte, bin ich immer vielen Vorurteilen begegnet: Werkbank der Welt, die kopieren nur und Ähnliches. Gleich­zeitig habe ich in China erlebt, dass die Menschen dort sehr viel über Deutschland wissen. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir Deutschen uns mehr mit China beschäftigen. Das war zwar schon immer wichtig, ist in der aktuellen Weltlage aber dringender denn je.

Sandra Schulze
© Bildungsnetzwerk China

Sandra Schulze ist seit 2024 Geschäfts­führerin des Bildungs­netz­werkes China. Davor war sie bei der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, der Wirtschafts­förderung der Haupt­stadt, tätig. Als Area-Managerin für China hat sie Berliner Unternehmen unter­stützt, ihre China-Kompetenz zu erweitern und Wirtschafts­kooperationen ein­zu­gehen. Sandra Schulze hat einen Teil ihrer Kindheit in Peking gelebt, später an der Beijing Foreign Studies University Chinesisch gelernt und mehrere Jahre in China gelebt.

Bildungsnetzwerk China

Das Bildungsnetzwerk China unterstützt Schulen bei Aktivitäten, die chinesische Sprach- und interkulturelle Handlungskompetenzen fördern sowie Wissen über den chinesischsprachigen Kulturraum vermitteln.

https://bildungsnetzwerk-china.de/

Logo Bildungsnetzwerk China

Diese Mission verfolgen Sie nun mit dem Bildungsnetzwerk China.

Genau. Unser Ziel ist es, dass schon junge Menschen China-Kompetenz erlangen. Unter China-Kompetenz verstehen wir im Bildungs­netz­werk China chinesische Sprach­kompetenz, inter­kulturelle Handlungs­kompetenz und Wissen über den chinesisch­sprachigen Kultur­raum. Dieser ist nicht auf die Volks­republik China beschränkt, sondern umfasst auch die chinesisch­sprachigen und diasporischen Gemeinschaften Asiens. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir zum Beispiel Förder­programme für Schulen etabliert, die Aktivitäten mit China-Fokus anbieten möchten. Wir organisieren Netzwerk­veranstaltungen und Fortbildungen für Lehrkräfte und Schüler­akademien in China während der Ferien­zeiten in Deutschland.

Chinesische Tourist*innen unterwegs auf dem Fahrrad. © unsplash

Sie haben selbst an verschiedenen Programmen teil­genommen, unter anderem an der Zukunfts­brücke – Chinese-German Young Professional Campus. Wie hat Sie das auf Ihre heutige Position vorbereitet?

Die Zukunftsbrücke war 2019 wirklich eine tolle Chance. Zum einen habe ich unter den deutschen Teilnehmenden viele Menschen kennen­gelernt, die sich aus ganz anderen Gründen als aus wirtschaftlichem Interesse mit China beschäftigten. Menschen etwa aus der Entwicklungs­arbeit, dem Klima­schutz oder dem Journalismus. So habe ich mein Netzwerk unglaublich erweitern und neue Perspektiven zur Zusammen­arbeit zwischen Deutschland und China entwickeln können. Und unser damaliger Fokus, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung, war sehr gut geeignet, um mit den chinesischen Teilnehmenden in Kontakt zu kommen und sich anhand konkreter Themen über Gemeinsam­keiten und Unterschiede aus­zu­tauschen. Von diesen Verbindungen profitiere ich bis heute.

Sie haben darüber hinaus an Mercatora teilgenommen, einem Weiterbildungs­programm für Alumnae der Stiftung Mercator. Was konnten Sie da für sich mitnehmen?

Das Mercatora-Programm hat mir damals sehr geholfen, meine persönliche Jobmission zu schärfen. Im Austausch mit den anderen Frauen ist mir klar geworden, dass ich das Thema der China-Kompetenz weiter­verfolgen möchte – unabhängig von meiner damaligen Position. Frauen­netz­werke wie das Mercatora-Programm sind wichtig, da es in der Berufswelt noch immer spezielle Heraus­forderungen und strukturelle Ungerechtigkeiten für Frauen gibt. In geschützten Räumen können wir uns gegenseitig stärken und ermutigen, selbst­bewusst unsere Interessen zu vertreten.

Gibt es ein prägendes Erlebnis aus den beiden Programmen, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Da gibt es natürlich viele. Ich denke gerne daran zurück, wie sich bei der Zukunfts­brücke das Vertrauen zwischen den Teilnehmenden aus China und Deutschland immer mehr aufgebaut hat. Das brauchte etwas Zeit und Geduld, aber irgendwann kamen wir als Gruppe an den Punkt, dass wir sehr ehrlich über die Themen und die Herausforderungen beider Länder sprechen konnten. Wir saßen in kleiner Runde zusammen, bei gutem Essen und in einer besonderen intimen Atmosphäre.

Gute Netzwerkarbeit braucht Zeit und aufrichtiges Interesse füreinander.

Sandra Schulze, Geschäfts­führerin Bildungs­netz­werk China

Was sind aus Ihrer Sicht Dos and Don’ts bei Aufbau und Pflege von Netzwerken?

Tatsächlich habe ich keine Strategie oder bestimmte Regeln, denen ich folge. Ich habe einfach Spaß daran, Menschen und verschiedene Perspektiven kennen­zu­lernen. Ich lasse mich von meiner Neugier leiten. Trotzdem ist es wichtig, zu bedenken, dass Netz­werk­arbeit auf Gegen­seitigkeit beruhen sollte und sich nicht direkt morgen aus­zahlen wird. Gute Netz­werk­arbeit braucht Zeit und auf­richtiges Interesse füreinander.

Was raten Sie jungen Fach­kräften, die inter­kulturelle Brücken­bauer*innen werden möchten?

Mein wichtigster Ratschlag ist: Nutzt jede Chance, die sich euch bietet, um euch mit Menschen aus anderen Kulturen aus­zu­tauschen und Zeit im Ausland zu verbringen. Wenn man die Möglichkeit hat, länger in einem anderen Land zu studieren oder zu arbeiten, erweitert das den eigenen Horizont enorm. Durch diesen Perspektiv­wechsel erfährt man auch, dass kulturelle Unterschiede ein Gewinn sind. Und dass es umgekehrt viele Themen gibt, die die Menschen weltweit bewegen und die wir nur gemeinsam voranbringen können, etwa Sicherheit, Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit. Um diese globalen Themen gemeinsam an­zu­gehen, benötigen wir Verständnis und Respekt füreinander – hier können Brücken­bauer*innen, die sich vorurteils­frei in verschiedenen kulturellen Welten bewegen, einen wertvollen Beitrag leisten.


MercatorGlobe Forum

Das MercatorGlobe Forum bringt eine inter­nationale Community aus Alumni, Projekt­partner*innen sowie aktuellen und ehemaligen Kolleg*innen zusammen.

Unter dem Motto „Navigating VUCA!“ widmet sich das Forum vom 12. bis 14. März 2025 in Panels, Workshops und Netz­werk­treffen drängenden Fragen unserer Zeit. Im Fokus stehen die Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen, der Umgang mit Klima- und geopolitischen Krisen, das Wieder­herstellen des Vertrauens in Institutionen sowie die Nutzung des digitalen Wandels für integrative und nach­haltige Lösungen.
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