Beruflich Fake News bekämpfen

Beruflich Fake News bekämpfen
Autor: Matthias Klein 14.05.2021

Eine Community aufbauen, die gemeinsam Fake News entlarvt: Mit dieser Idee startete Marie Schröter in ihrem Jahr als Mercator Kollegiatin. Inzwischen ist das Projekt codetekt online – nun steht die Professionalisierung auf dem Plan.

Corona, Corona und nochmal Corona: Die Pandemie ist das große Thema, wenn man sich Falschnachrichten im Internet anschaut. Aber etwas hat sich verändert. Vor einem Jahr teilten User massenhaft, dass Bill Gates das Virus erfunden habe oder dass Angela Merkel von Aliens gesteuert werde. „Inzwischen sind die Fake News viel filigraner. Das geht nicht mehr mitten ins Gesicht“, berichtet Marie Schröter. „Ob es um die Ergebnisse von Selbsttests oder wissenschaftliche Studien geht: Es ist deutlich schwieriger, Richtiges und Falsches zu trennen.“

Die Geschichte beginnt vor etwas mehr als einem Jahr, die Corona-Pandemie hatte gerade begonnen. Schröter beschäftigte sich in ihrem Mercator Kolleg-Jahr mit den Potentialen und Limitierungen von künstlicher Intelligenz, um frühzeitig extremistische Inhalte online zu identifizieren und so Radikalisierung zu verhindern.

Ihre Idee: Ehrenamtliche prüfen merkwürdige Meldungen im Internet auf einer eigenen Plattform. Die Ergebnisse veröffentlichen sie und bewahren so andere, darauf hereinzufallen.

Porträt von Marie Schröter, Mercator Kollegialen für internationale Aufgaben
© David Ausserhofer/Stiftung Mercator

Beim #WirVsVirus-Hackathon der Bundesregierung fand sie ein Team. Unter dem Namen DetektivKollektiv ging sie mit neun Mitstreiter*innen an den Start.

Zwei feste Stellen

Seitdem hat sich viel getan. Schröter ist inzwischen Managing Director des Projekts. Der Titel macht es deutlich: Sie ist eine von zwei Hauptamtlichen. „Der Gamechanger war, dass wir eine Finanzierung für feste Stellen bekamen“, berichtet sie. Finanziert wird das Projekt momentan durch eine Spende von der Kampagnenorganisation campact. Seit November sind die beiden Angestellten aktiv. „Man hört ja immer davon, wie schwierig eine Gründung in Deutschland ist. Wir haben nur einen gemeinnützigen Verein gegründet – aber es war wirklich unfassbar aufwendig“, sagt Schröter. Aus dem Home Office an einem trüben und eiskalten Frühlingstag zugeschaltet, hält sie kurz inne. „Alles ging sehr langsam. Das war gerade in der Pandemie, in der ohnehin so vieles unklar ist, richtig schwierig.“

Die filigraneren Fake News gehen uns deutlich näher als früher.

Marie Schröter

Der Aufwand habe sich gelohnt. „Dass wir eine Finanzierung bekamen, hat unser Team extrem motiviert. Alle waren richtig aufgeregt“, erzählt Schröter und lacht. Neben den Angestellten gehören inzwischen 16 Ehrenamtliche zum Kernteam, deutlich mehr als noch vor einigen Monaten.

Weniger verspielt

Und die Sache mit dem Namen? Codetekt heißt die Plattform inzwischen. „Weißt du, wir wollten weniger nach TKKG klingen“, sagt Schröter. „Das Detektivkollektiv war zwar ein schöner Name, aber es klang für uns irgendwann zu verspielt. Dafür ist das, was wir machen, zu ernst.“

Das Team in einer Videokonferenz. © Privat

Am Konzept änderte sich indes nichts. Internetuser können die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichten überprüfen lassen. Und das geht so: Man kann einen Fall auf der Seite einreichen. Die Ehrenamtlichen aus der Community übernehmen, prüfen und veröffentlichen das Ergebnis. Im Archiv lassen sich zahlreiche solcher gelösten Fälle finden. Da geht es zum Beispiel um die Behauptung, dass in Europa bereits 20 Monate vor dem Corona-Ausbruch an der Einführung von Impfpässen gearbeitet worden sei. Oder dass sich Prominente nur zum Schein impfen ließen.

Ehrenamtliche bleiben dabei

„Wir haben in den vergangenen Monaten mit Expert*innen aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen über unsere Idee gesprochen“, sagt Schröter. Designer*innen berieten bei der Gestaltung der Plattform, Techniker*innen bei der Umsetzung.

Ende Februar war es dann soweit: Ein Wochenende lang wurde die Plattform einem Stresstest unterzogen. 90 Ehrenamtliche meldeten Fälle und arbeiteten an Lösungen. In einem Zoom-Chat waren sie trotz Corona miteinander verbunden. „Wir haben sehr viel an diesem Wochenende gelernt“, berichtet Schröter. „Ganz kurz ging sogar die Seite in Knie, auch daran haben wir gearbeitet.“ Für sie besonders erfreulich: „Die allermeisten Ehrenamtlichen sind uns treu geblieben und machen weiter mit.“ Seit Mitte April ist die Plattform online.

Unterstützung im Superwahljahr

Nun arbeitet das Team daran, das Projekt weiter zu professionalisieren. Ganz klassisch geht es um die Suche nach Finanzierungspartnern, mehr Personal soll eingestellt werden. Schröter setzt dabei auch auf die politische Situation: „Wir stehen mitten in einem Superwahljahr. Falschnachrichten sind gerade rund um Wahlen ein großes Thema. Wir hoffen, dass uns das Rückenwind gibt.“

Eine Herausforderung bleibe die gestiegene Komplexität der Falschnachrichten. „Wir müssen im Team mehr aufeinander aufpassen“, sagt Schröter. „Die filigraneren Fake News gehen uns deutlich näher als früher. Das kann man nicht so einfach abschütteln.“

Mercator Kolleg für internationale Aufgaben

Das Mercator Kolleg für internationale Aufgaben fördert jährlich 25 engagierte, deutschsprachige Hochschulabsolvent*innen und junge Berufstätige aller Fachrichtungen, die für unsere Welt von morgen Verantwortung übernehmen.

www.mercator-kolleg.de


 

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