Meet!: Eine Reise durch Europa und zu sich selbst
Für Alisha Pandu Kartawiguna hat sich seit ihrer Teilnahme an der meet!-Mercator Europa Tour viel verändert – auf der Reise mit Gleichaltrigen hat sie nicht nur erste praktische Erfahrungen gesammelt und ihre heute engsten Freund*innen kennengelernt, sondern auch über sich selbst einiges erfahren.
„Während der Schulzeit wollte ich Lehrerin werden oder Medizin studieren – auch, weil ich nicht wusste, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Gleichzeitig habe ich mich schon früh für politische Bildung interessiert und den Traum gehabt, einmal vor der UN zu sprechen.“ An Ehrgeiz mangelte es Alisha Pandu Kartawiguna nie. Heute studiert die 20-jährige Sozialwissenschaften und ist sehr engagiert, insbesondere im europapolitischen Bereich. Ihr Ziel: Ein Vorbild für andere junge Menschen sein und sie ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. Dabei liegt ihr Fokus insbesondere darauf, marginalisierte Stimmen zu stärken und sichtbar zu machen.
Engagement für ein inklusives Europa
Als nicht-weiß gelesene Person wurde Alisha sowohl in als auch außerhalb der Schule oft diskriminiert – auch das hat die 20-Jährige politisiert. Gerade in Hinblick auf die Europawahlen im Juni dieses Jahres betont sie, wie wichtig es ist, für das Thema zu sensibilisieren und insbesondere Erst- und Jungwähler*innen zum Wählen zu motivieren. Damit sie sich für ein gemeinsames und solidarisches Europa stark machen.
Neben der Teilnahme an der Jungen Islam Konferenz im Sommer 2023 und der Organisation eines internationalen Frauentreffs bei der Caritas im vergangenen Jahr ist Alisha derzeit vor allem bei der Initiative Ruhrpott für Europa aktiv. Dort mobilisiert sie im Team der Jungen Ruhrpott Agenda für Europa junge Menschen, aktiv die Zukunft Europas mitzugestalten.
Was Europa für Alisha persönlich bedeutet? „Ich liebe an Europa so sehr, dass wir in einem kleinen geografischen Raum so viel Kultur haben, so viele Geschichten, so viele unterschiedliche Biografien – so viele Menschen mit eigenen Ideen und Visionen. Ich wünschte, mehr Menschen würden diese kulturelle Vielfalt als etwas Positives sehen und das Potenzial erkennen, dass wir darin finden können.“
Alishas Kritik an Europa richtet sich besonders gegen die aus ihrer Sicht menschenrechtsverachtende Situation an den EU-Außengrenzen und das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen, die die Leben vieler Menschen in Deutschland gefährden, darunter ihr eigenes. Auch deshalb ist es ihr so wichtig, Solidarität zu fördern. Nicht nur Europa ist ein kultureller Ballungsraum – sondern auch ihre Heimat, das Ruhrgebiet. Ein Grund, warum sie ihre Heimat so gern hat. Und trotzdem hat es sie schon immer „raus in die Welt“ gezogen.
„Durch meet! habe ich mein Selbstbewusstsein gefunden“
Bei der meet!-Mercator Europa Tour reisen junge Erwachsene drei Wochen lang durch mehrere europäische Länder, begegnen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und lernen internationale Organisationen kennen. Das Programm richtet sich besonders an Teilnehmer*innen, die als Erste in ihrer Familie Abitur gemacht haben oder studieren, und bisher noch keine Auslandserfahrung gesammelt haben.
Während der meet! Tour im Sommer 2022 hat Alisha nicht nur Europa entdeckt. Sie konnte sich außerdem mit anderen jungen Erwachsenen vernetzen, die ähnliche Hintergründe und Erfahrungen wie sie selbst haben. Das war für die Studentin mit indonesischen Wurzeln sehr bereichernd, wie sie auch knapp zwei Jahre später mit leuchtenden Augen erzählt: „Die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, sind zu meiner Familie geworden. Ich habe bei meet! meine engsten Freund*innen gefunden. Wir haben so viel geredet, gelacht – und auch viel miteinander geweint, einfach weil das nochmal eine ganz andere Art von Austausch und Verständnis war.“
Auch sich selbst hat Alisha während ihrer Zeit mit meet! besser kennengelernt: „Wenn mich jemand fragt, was ich aus meet! mitgenommen habe, sage ich immer, dass meet! für mich der Moment war, in dem sich mein Selbstbewusstsein gefestigt hat. Und das war auch so“, sagt sie zwar mit einem Lachen, aber vor allem mit Nachdruck.
„Früher war ich zwar nie schüchtern im klassischen Sinne, aber schon zögerlich und ängstlich“ – einerseits hatte sie Angst vor dem Unbekannten, aber auch davor, wie andere sie sehen würden. Gerade als nicht-weiße Person fürchtete Alisha, in der Arbeitswelt nicht ernst genommen zu werden. In Gesprächen mit den anderen „Meeties“ und während ihrer einwöchigen Hospitation beim Bildungsnetzwerk Understanding Europe der Schwarzkopf Stiftung in Berlin fühlte sie sich gesehen, gehört und anerkannt.
Die meet!-Mercator Europa Tour geht in die nächste Runde:
Bis zum 14. April können sich Abiturient*innen, Studierende und Auszubildende für die meet!-Mercator Europa Tour 2024 mit Stopps in Tallinn und Berlin bewerben. Das Programm richtet sich insbesondere an junge Erwachsene aus dem Ruhrgebiet und NRW, die als Erste in ihrer Familie das Abitur erreicht haben oder studieren. Neben der gemeinsamen Reise in zwei europäische Hauptstädte machen die Teilnehmer*innen eine einwöchige Hospitation in einer internationalen Organisation und können so erste Auslandserfahrungen sammeln und sich beruflich orientieren.
Zwischen Dankbarkeit und Schuldgefühlen
Alisha ist in Witten aufgewachsen, eine Ruhrgebietsstadt zwischen Dortmund und Bochum. Ihr Vater kam Ende der 1970er Jahren aus Indonesien nach Deutschland. Über ihren Vater spricht Alisha mit viel Zuneigung, sie ist „ein absolutes Papakind“ und wird nicht müde zu betonen, dass ihr bewusst ist, wie viel er dafür leistet, seiner Tochter so viele Türen wie möglich zu öffnen: „Ich verdanke ihm viel. Er arbeitet hart und tut alles, um mir dieses gute Leben zu ermöglichen.“ Die 20-jährige Studentin ist sich ihrer Privilegien sehr bewusst. Sie weiß, dass das Leben, das sie gerade im Rahmen ihres Studiums und ihres Engagements führt, nicht selbstverständlich ist.
Gerade in Zeiten, in denen Alisha viel unterwegs ist, so wie mit meet!, oder wenn sie z.B. durch ihr Engagement einige Tage in Berlin verbringt, mischt sich die tiefe Dankbarkeit ihrem Vater gegenüber mit einem anderen Gefühl: Immer wieder überkommt sie ein leichtes Schuldgefühl, wenn sie daran denkt, dass ihr Vater diese Privilegien nie hatte. „Bildungsaufstieg bedeutet für mich deshalb auch, einen sozialen Aufstieg für meinen Vater zu ermöglichen.”
Die Familienzeit zuhause im Ruhrgebiet genießt Alisha dafür umso mehr. Beim gemeinsamen Kochen mit ihrem Vater findet sie nicht nur Zeit für wertvolle Gespräche, sondern schafft durch das Kochen eine Verbindung zu ihrer indonesischen Kultur.
Pläne haben ist cool - aber es ist schlauer, Ideen zu haben.
Den eigenen Weg finden
„Was ich nach der Uni mache? Ich denke, das überlasse ich meinem Schicksal. Nicht, weil ich zu faul bin, mir selbst etwas zu überlegen. Sondern weil ich gelernt habe, dass Pläne zwar cool sind – aber es schlauer ist, Ideen zu haben.“ Sie möchte sich nicht schon jetzt auf einen konkreten Weg festlegen – sonst hätte sie Angst, unterwegs zu wenig nach links und rechts zu schauen und dabei möglicherweise Chancen zu verpassen. Was Alisha dafür weiß? Wofür sie brennt und was sie erreichen will. In ihrem Engagement sieht sie die ideale Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und sich für ihre Herzensthemen, wie Bildungsgerechtigkeit und ein solidarisches, vielfältiges Europa stark zu machen.
Und: dass sie alles schaffen kann, was sie sich vornimmt. „Früher habe ich mir selbst vieles nicht zugetraut, obwohl eigentlich immer alles geklappt hat. Etwas, das ich meinem jüngeren Ich raten würde – und was ich mir jetzt immer noch sage, ist deshalb: Vertrau‘ mehr in dich und in die Zukunft und, dass Gutes auf dich zukommen wird. Das ist noch eine Sache, die ich durch meet! gelernt habe.“
meet! – Mercator Europa Tour
Die meet! – Mercator Europa Tour ermöglicht jungen Menschen aus dem Ruhrgebiet einen vollfinanzierten dreiwöchigen Aufenthalt in Europa. Das Programm richtet sich an Auszubildende nach dem (Fach-)Abitur sowie Studierende, die internationale Tätigkeitsfelder kennenlernen möchten.